Die Bedeutung von Totholz

Im Allgemeinen Trend um Blühwiesen, Bienen und Insektenhotels werden sie häufig zu Unrecht übersehen: Holzbewohnende Käfer (xylobionte Käfer).

Aufgrund des häufigen Vorkommens, des Strukturreichtums und den unterschiedllichen Zersetzungszuständen bietet Holz einen wertvollen Lebensraum für eine Vielzahl holzzersetzender Käfer. Mit ihrer Lebensweise tragen diese dazu bei, dass das Substrat für weitere Prozesse aufbereitet wird und so bilden sie allgemein einen wichtigen Baustein im Gefüge ökologischer Zusammenhänge. Es wird unterschieden zwischen Frischholzbesiedlern, Altholzbesiedlern, Mulmhöhlenbesiedler (Mulm = zersetzendes Holz), Holzpilzbesiedler und weitere. Sehr viele dieser Käfer gehören bereits zu den gefährdeten Arten.

Eine Untersuchung von Dr. Jürgen Schmidl, im Auftrag des Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) im Jahre 2017/18 auf Streuobstwiesen in Kirchfurth und Eisenbach (Amerika) im Landkreis Miltenberg ergab das Vorkommen von 156 verschiedenen Totholzkäferarten. Davon stehen 42 % auf der Roten Liste. In diesen Beständen ist der Anteil an Altbäumen und Mulmhöhlen sehr hoch. Das führte auch zu einer entsprechend großen Anzahl an Vögeln. Es wurde auch ein positiver Zusammenhang festgestellt mit der Schafbeweidung, die zu einer veilfältigen Biotopstruktur beiträgt. Auch die Blütenvielfalt auf den Flächen nutzt den Käfern.

Es wurde an Apfel in Kirschfurt z.B. der Hirschkäfer Lucanus cervus nachgewiesen, eine Art des FFH-II-Anhangs und zugleich in Bayern und Deutschland stark gefährdet (RLD/BY2).
Sowohl in Kirschfurt als auch in Eisenbach wurde in Apfel-Mulmhöhlen der Eremit (Osmoderma eremita) (FFH II/IV) festgestellt, zusammen mit anderen wertgebenden Mulmhöhlenbesiedlern. Rosenkäfer, Stäublingskäfer, Schnellkäfer, Prachtkäfer und Schwammkäfer sind nur eine kleine Auswahl davon.

In dem Kreuzwertheimer Streuobstgebiet "Ehrlichsgärten" konnten durch eine ähnliche Untersuchung im Auftrag des Naturpark Spessart 106 xylobionte Käferarten nachgewiesen werden, von denen 41 % auf der Roten Liste stehen. Hier wurde sogar der in der Roten Liste Bayern 2003 noch als ausgestorben geführte Kurzflügler Hesperus rufipennis in einer Apfel-Mulmhöhle nachgewiesen. Ein Rote-Liste-Prozentwert von 41% wird nur in außergewöhnlichen Spitzenstandorten Bayerns erreicht und reiht sich in die Ergebnisse aus den Streuobstbeständen im Landkreis Miltenberg ein.

Aus diesem Grund befürworten wir, in Streuobstwiesen nicht jeden toten Baum oder jeden toten Ast zu entfernen, da sie eine wichtige Funktion als Lebensraum für verschiedenste Insekten und Vögel einnehmen und so auf natürliche Weise für ein ökologisches Gleichgewicht in der Natur sorgen. Totholz kann auch zu Haufen aufgeschichtet werden und bietet so zusätzlich Unterschlupf für Kleintiere (z.B. Wiesel). Grundsätzlich ist aber stehendes Totholz wertvoller als liegendes, da bestimmte Arten nur in das trockene Holz gehen.

Den ausführlichen Bericht der Untersuchung können Sie hier nachlesen: Xylobionte Käfer in den Ehrlichsgärten Kreuzwertheim Endbericht von Dr. J. Schmidl (bufos ) (2.59 MB)

Quellen:
SCHMIDL J. 2017: Xylobionte Käfer in Trockengebieten Unterfrankens: Untersuchungen im
NSG Ruine Homburg, NSG Mäusberg, NSG Machtilshausen, NSG Reiterswiesen sowie im Apfel-Streuobst
Kirschfurt & Eisenbach. Endbericht 2017, 56 S. bufos büro für faunistisch-ökologische studien, Nürnberg. Im
Auftrag des Landesamts für Umwelt, Augsburg.

J. 2019: Xylobionte Käfer in Trockengebieten Unterfrankens - Untersuchungen im
Streuobstgebiet Ehrlichsgärten Kreuzwertheim. Endbericht 2019, 26 S. bufos büro für faunistisch-ökologische
studien, Nürnberg. Im Auftrag des Naturpark Spessart e.V., Gemünden am Main.