Der bayerische Untermain inkl. der Übergänge in den Spessart ist die streuobstreichste Region Bayerns. Streuobstwiesen sind ein Hotspot der Biodiversität. Mit den Streuobstwiesen und den Menschen, die sie bewirtschaften gehen im Moment auch viele Regionalsorten schleichend verloren.
(Foto: Einziges Exemplar der Haferkrüpsbirne)
Andere, wie z.B. der ´Steinbacher´ sind noch vorhanden, aber nicht mehr in Baumschulen erhältlich. Zentrales Ziel des Sortenprojektes ist es, das Sortenspektrum in der Region systematisch zu erfassen, Standorte von Regionalsorten zu finden und zu sichern, diese Sorten pomologisch zu beschreiben und mittelfristig wieder zu vermehren und so für künftige Generationen zu erhalten.
Zu Beginn der Arbeiten standen umfangreiche Recherchen an. Neben Literaturauswertung wurde Kontakt mit zahlreichen lokalen Streuobstakteuren aufgenommen und die Bevölkerung zur Mitarbeit aufgerufen. Es wurden Kartierflächen ausgewählt und eine Liste mit gesuchten Regionalsorten erstellt. Diese umfasst 49 Apfel- und 23 Birnensorten. Für die Verarbeitung der umfangreichen Daten wurde eine Datenbank angelegt und eine Erfassungsmethode entwickelt.
In den Jahren 2019 und 2020 wurden über 6.000 Obstbäume am bayerischen Untermain erfasst. Nur etwa ein Drittel davon ist mehr oder weniger vital. 8% der erfassten Bäume waren mit Misteln befallen. Jeweils etwa 20 % der kartierten Bäume waren im Jugendstadium und in der Ertragsphase. 38% waren in der Altersphase und etwa ein Viertel abgängig bzw. abgestorben.
Insgesamt konnten 220 Sorten bestimmt werden. Darunter 186 Apfel- und 34 Birnensorten. Die Sorten von 3.906 Obstbäumen konnten bestimmt werden. Die Sorten von 486 Bäumen blieben unbekannt. 864 Bäume waren in den Erfassungsjahren ohne Behang. 43% der erfassten Sorten wurden als nicht gefährdet eingestuft. Von ca. 10 % der Sorten ist der Gefährdungsgrad unbekannt. Etwa die Hälfte der gefundenen Sorten gilt als gefährdet oder bedingt gefährdet. Dies zeigt den hohen Handlungsbedarf beim Sortenerhalt. Dieser wird auch bei der Betrachtung der Häufigkeiten der Sorten bestätigt. Etwa die Hälfte der Sorten wurde im Untersuchungsgebiet als selten eingestuft. Etwa ein Viertel der Apfelsorten können als häufig gelten.
(Foto: Steinbacher)
... am bayerischen Untermain sind in der Reihenfolge Ihrer Häufigkeit: Rheinischer Bohnapfel, Goldparmäne, Schöner aus Boskoop, Lohrer Rambur, Brettacher, Jakob Fischer, Rheinischer Winterrambur, Goldrenette aus Blenheim, Trierer Weinapfel, Kaiser Wilhelm. Diese Sorten machen zusammen mehr als ein Drittel der Bestände aus. All diese Sorten sind auch überregional häufig anzutreffen. Als regionaltypisch können Sorten wie Lohrer Rambur, Galloway Pepping und Wiltshire angesehen werden. Bei den Birnen ist die Brennsorte Mollebusch mit Abstand die häufigste Sorte und kann gleichzeitig als regionaltypisch gelten.
Die gefundenen unbekannten Sorten wurden pomologisch beschrieben und anderen Fachleuten zur Prüfung vorgelegt. 8 bereits beschriebene Regionalsorten konnten gefunden und bestätigt werden. Darunter der „Schöne aus Miltenberg“, der „Bürgstädter Rote“ und der „Steinbacher“. Einige vermeintliche Regional- oder Lokalsorten entpuppten sich als überregional verbreitete Sorten. So ist der „Stockstädter Franzel“ identisch mit der hessischen Sorte „Ruhm aus Kelsterbach“, Der „Mömlinger Gewürzapfel“ entpuppte sich als „Mutterapfel“. 11 weitere vermeintliche Regionalsorten wurden gefunden. Aufgrund mangelnder Referenzen konnte diese noch nicht als eigenständige Sorten bestätigt werden. Diese werden vorerst als Arbeitsnamen geführt. Dazu gehören z.B. der „Alzenauer Rote Rambur“, „Soderner Grüner“ oder die „Haferkrüpsbirne“ aus Geiselbach. 11 Sorten, die bei Befragungen von der Bevölkerung genannt wurden, konnten nicht gefunden werden und gelten so vorerst als verschollen. Zahlreiche weitere Sorten müssen als unbekannt gelten, da es dazu weder Hinweise aus der Bevölkerung noch literarische Quellen gibt, bzw. diese bisher nicht gefunden wurden. Hiervon werden 21 Sorten, zu denen es keine Namenshinweise gibt als „Nummernsorte“ geführt (Bsp. Collenberg 4425). Ob es sich bei diesen Sorten um räumlich eng begrenzte Veredelungen handelt oder es evtl. regional oder gar überregional verbreitete Sorten sind, gilt es noch zu prüfen.
Im Zuge der Kartierung wurden die Sammlungen des Obst-Kulturparks Untermain in Trennfurt und der Sortenlehrpfad in Sailauf überprüft und fehlerhafte Sortenangaben korrigiert. Im Laufe des Projektes wurden 6 Veranstaltungen zum Thema durchgeführt. Hierzu gehörte z.B. die Sortenbestimmung auf dem Apfelmarkt in Elsenfeld 2019. Weitere Veranstaltungen mussten leider aufgrund der Corona –Pandemie ausfallen. Darüber hinaus wurde mit einem Flyer und einer Website über das Projekt informiert.
Bei der Bearbeitung des Projektes und der Analyse der Ergebnisse zeigt sich deutlich, dass die Zeit beim Erhalt der Regionalsorten drängt. So sind einige Sorten zwar namentlich noch präsent, die Menschen, die die Sorten noch kannten und angepflanzt haben sind meist aber schon verstorben. Mit der bisherigen Erfassung wurde eine solide Grundlage für den Sortenerhalt gelegt und der Handlungsbedarf aufgezeigt. Schwerpunkte in einer anschließenden Projektphase sollten sein:
Den Endbericht zum Sortenprojekt 2019/20 können Sie zum Lesen hier herunterladen: Bericht Sortenprojekt AB Mil
Wir bedanken uns bei:
- allen Streuobst-Aktiven, die mit ihren Meldungen zum Gelingen dieses Projektes beigetragen haben und uns bei der Zusammenstellung der Sorten unterstützt haben.
- dem Obst-Kulturpark Untermain, den Kreisverbänden für Obst- und Gartenbau Aschaffenburg und Miltenberg, dem Obst- und Gartenbauverein Johannesberg und dem Äppelwoistammtisch Schöllkrippen für die gute Zusammenarbeit.
- René Wohland für die Unterstützung bei der Kartierung.
- Christian Salomon für die gute Projektbetreuung von Seiten der Regierung von Unterfranken.